Eine Liebeserklärung an die Galerien

Ausstellungsansicht "Melting Plot" by Beáta Hechtová
Die Museen sind geschlossen. Bleiben die Galerien als einzige Orte, an denen wir Kunst im Original sehen können.
Eine kleine Liebeserklärung.
Von Almuth Spiegler, Die Presse
Noch steht es ein wenig nachlässig auf meinem Schreibtisch, lehnt leicht schief an der Lampe, hat noch keinen festen Halt gefunden hier in meiner Wohnung. Noch möchte ich es nahe bei mir haben, schnell in die Hand nehmen, ganz beiläufig betrachten können. Dieses kleine, abstrakte Bild eines jungen Malers, das ich mir vor ein paar Wochen gekauft habe. Man gönnt sich ja sonst nichts dieser Tage. Und es ging so schnell. Ich hatte mich verliebt. Auf der Stelle.
In einer Galerie. Wo sonst. Immer kaufe ich die wenige Kunst, die man sich leisten und die man sich aufhängen kann, in Galerien. Wenn man die Kunst und die Künstler ernst nimmt, sollte man das tun. Allein, um mit einer österreichischen Unsitte zu brechen, die sich in diesen sowieso so kleinen lokalen Markt eingeschlichen hat. Weil er eben so überschaubar ist. Und ihn durch diese Umwege in dieser Überschaubarkeit auch hält.
Schließlich hat keiner auf lange Sicht etwas davon, Galerien zu schwächen – die Künstler nicht, sind Galeristen im besten, professionellen Fall doch ihre Werbeagentur, ihre Coachs, ihre Buchhalter. Die Sammler nicht, hoffen sie darauf, dass ihr Werk, wenn schon im Wert nicht steigt, wenigstens stabil bleibt. Und außerdem: Wer glaubt wirklich, dass ein Künstler seine besten Werke an seiner Galerie vorbei, sozusagen unter der Hand, verkauft?
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Diesen November, vielleicht sogar diesen ganzen Winter, wird die in ihrer Ambivalenz immer problematische Rolle, die Galeristinnen und Galeristen in der Kunstszene haben, so sichtbar wie wohl nie. Sind sie, nachdem alle Museen geschlossen sind, doch die einzigen Orte, an denen man Kunst im Original sehen, erleben, erforschen, sich womöglich, wie gesagt, in sie verlieben kann. Und eben auch kaufen.
Das ist das ewige Dilemma der Galeristin, des Galeristen – sie verkaufen am Ende lauter Dinge, die man nicht verkaufen kann. Gefühle. Ewigkeit. Schönheit. Faszination zumindest. Das geht selten ohne Emotionen ab, und zwar in alle Richtungen. Der Beruf ist eine permanente Gratwanderung zwischen der Gier (der eigenen, jener der Künstler, der Sammler) und der Aufopferung für eine Sache, die gesellschaftlich über all diesen niederen Instinkten stehen sollte. Dazu muss man wohl auch geboren sein.
Das Schöne ist, dass Wien voll von diesen Menschen und ihren meist jahrzehntelang kultivierten Orten ist. Voller Galerien, die in dieser Stadt, in der dauernd jeder von Konzert zu Museumseröffnung zu Abendessen zu eilen scheint, selten die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Auch wenn diese Szene natürlich ihre Probleme hat. Doch davon ein anderes Mal. Diesen Winter sollten wir sie feiern. Auch die Künstler, die hier jetzt ausstellen, weil sie in Wien leben. So viele sind es gerade! Hans Weigand bei der Galerie Senn, Stefan Reiterer bei Crone, Gerwald Rockenschaub bei Krobath, Leopold Kessler bei Viktor Bucher, Christian Eisenberger bei Krinzinger, Gilbert Bretterbauer bei Galerie Rauminhalt, Katarina Spielmann bei Charim. Zum Beispiel. Gehen wir einfach hin. Wir haben Zeit. Auch wenn es sich nicht danach anfühlt.